von Matthias Walz
Ein Impfstoff erscheint in der aktuellen Situation sehr wichtig, um Menschen vor einer Ansteckung als auch vor einem schweren Krankheitsverlauf mit den Affenpocken zu schützen. Glücklicherweise muss ein Impfstoff nicht erst wie bei der Covid-19 Pandemie ganz neu entwickelt werden. Geimpft werden können Menschen mit dem Impfstoff, der auch gegen Pocken schützt.
Geschichte
Die beiden Virusstämme – Pocken und Affenpocken – sind in der Tat eng genug miteinander verwandt. Dies hat auch Auswirkungen für die Wirksamkeit des Impfstoffes, der in den 1970 er Jahren eingesetzt wurde, um die Pocken zu bekämpfen. Als es zwischen 1981 und 1986 zu einem Ausbruch an Affenpocken in der Demokratischen Republik von Kongo kam, machten Forscher die erstaunliche Feststellung, dass die gegen Pocken geimpften Menschen auch besser vor einer Ansteckung mit Affenpocken geschützt sind. In einer kleinen, damals im Bulletin der WHO veröffentlichten Studie mutmaßten die Forscher, dass der Pocken-Impfstoff zu 85% auch vor einer Ansteckung mit Affenpocken schützt [1].
Schützt der Impfstoff auch heute vor einer Ansteckung mit Affenpocken?
Wichtig zu wissen ist allerdings, dass es sich damals um eine andere Variante von Affenpocken handelte, als es in der aktuellen Situation der Fall ist. Dementsprechend ist es aktuell noch unsicher, wie gut der Impfstoff tatsächlich vor einer Ansteckung schützt. Forscher gehen aber aktuell davon aus, dass eine Impfung gegen die Pocken auch zu einer Kreuzimmunität gegen Affenpocken führt.
Geschichte
Mittlerweile nimmt die Impfkampagne in vielen Ländern an Fahrt auf, darunter auch in Deutschland. In Deutschland wird mit dem Impfstoff des dänisch-deutschen Unternehmens Bavarian Nordic geimpft. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wuchs in den USA die Angst vor bioterroristischen Angriffen, durch Viren oder anderen Krankheitserreger. Dies veranlasste die BARDA (Biomedical Advanced Research and Development Authority) Forschungen auf dem Gebiet vernachlässigter Krankheiten wieder aufzunehmen. Unter anderem wurde auch die Forschung gegen Pocken wieder aufgenommen. Dabei wurde auch das Unternehmen Bavarian Nordic von der BARDA unterstützt. Das Unternehmen entwickelte den in Europa unter dem Namen Imvanex bekannten Impfstoff gegen die Pocken. In Kanada und den USA ist er unter den Namen Jynneos und Imvamune bekannt. Bavarian Nordic erhielt im August 2022 von der EU-Kommission eine Zulassung für seinen Impfstoff gegen die Affenpocken. Der Impfstoff ist allerdings nicht exakt der gleiche, welcher bereits für die Pockenimpfung genutzt wurde. Er wurde modifiziert, sodass er besser verträglich ist.
Das Unternehmen möchte bis Ende 2022 4 Millionen Dosen produzieren. Am meisten Dosen haben sich bisher die USA gesichert. Die Europäische Union hat 160.000 Dosen für sich in Anspruch genommen [2].
Der Impfstoff von Bavarian Nordic scheint in der aktuellen Situation ein wertvolles Mittel zu sein, um den aktuellen Ausbruch der Affenpockenpandemie möglicherweise zu verlangsamen. Dennoch ist es wichtig, sich nicht ausschließlich auf den Impfstoff zu verlassen. Andere Maßnahmen wie z.B. Aufklärung, als auch geeignete Hygienemaßnahmen sind genauso wichtig, um die Affenpockenpandemie zu verlangsamen.
Stigmata und falsche Behauptungen
Seit dem Ausbruch der Affenpockenpandemie werden einzelne Gruppen massiv diskriminiert und angefeindet. Darunter vor allem Menschen, welche sich als schwul oder bisexuell identifizieren. Aber auch Menschen mit Hauterkrankungen, wie z.B. Neurofibromatose werden Opfer von Anfeindungen. Expert*Innen warnen zudem davor, dass der aktuelle Name sowohl für Affen als auch für den Kontinent Afrika diskriminierend sein könnte. Die Weltgesundheitsorganisation möchte nun darauf reagieren und sucht nach einem neuen Namen für die Affenpocken, der weniger stigmatisierend ist [3]. Dafür wurde extra eine Internetseite eingerichtet, bei der die Möglichkeit besteht, online Vorschläge für einen neuen Namen einzubringen.
Erste Erfolge konnten dagegen schon bei verschiedenen Varianten der Affenpocken hinsichtlich der Namensänderung erreicht werden. Eine Gruppe von WHO Expert*innen hat sich darauf geeinigt, die geographische Referenz in Zukunft wegzulassen. So werden die Untergruppen nicht mehr mit Hilfe geografischer Bezeichnungen (Kongobecken Klade bzw. Westafrikanische Klade) unterschieden, sondern jetzt mit romanischen Nummern (Klade I und Klade II) gekennzeichnet [4].
Wie reduziert man nun am besten das Stigma?
Es ist wichtig zu verstehen, welche negativen Auswirkungen eine Stigmatisierung von einzelnen Gruppen bei Infektionskrankheiten mit sich bringt. Jeder kann an Affenpocken erkranken. Gerade wenn einzelne Gruppen sich diskriminiert und ausgeschlossen fühlen, kann das dazu führen, dass sie bei Bedarf medizinische Hilfe nicht aufsuchen oder ablehnen.
Wichtig ist daher, dass gerade Personen, die im Bereich Public Health tätig sind, eine auf die Bedürfnisse der einzelnen Gruppen zugeschnittene Aufklärungsarbeit leisten. Dadurch können sowohl Unwissenheit als auch Vorurteile abgebaut werden. Aber auch Experten sollten sich bewusst sein, dass sich die wissenschaftliche Lage im Laufe der Zeit ändern kann, und sie sich ständig über den neuesten Stand der Wissenschaft informieren müssen.
Ausblick Impfstoffe
Es bleibt abzuwarten, wie effektiv der Impfstoff tatsächlich gegen die Affenpocken schützt und vor allem auch wie lange. Des Weiteren stellt sich die Frage der gerechten Verteilung des Impfstoffes. Länder auf der ganzen Welt haben aktuell Schwierigkeiten aufgrund von Einschränkungen bei der Lieferkette, genügend Impfstoffe zu bekommen. Besonders in Afrika machen sich die Einschränkungen der Lieferkette bemerkbar, wo bisher noch überhaupt kein Impfstoff angekommen ist.
Das Problem ist, dass die Auswahl an Impfstoffen aktuell sehr knapp ist. Theoretisch gäbe es drei Impfstoffe zur Auswahl. Als erstes, den Impfstoff von Bavarian Nordic, dann den Impfstoff ACAM2000 welcher nicht großflächig eingesetzt werden soll aufgrund von Sicherheitsbedenken [5]. Des Weiteren hat eine Firma in Japan einen Impfstoff entwickelt, gibt aber an Produktionsschwierigkeiten zu haben [6].
Zudem kann die Firma Bavarian Nordic nach eigenen Angaben nur ungefähr 40 Millionen Dosen im Jahr produzieren, Experten schätzen die eigentlichen Produktionskapazitäten sogar auf etwa 20 Millionen Dosen weniger. Auch wohlhabende Länder haben aktuell große Schwierigkeiten einen Impfstoff zu bekommen.
Es zeichnet sich aktuell bereits jetzt schon wieder ab, dass gerade die Entwicklungsländer keine Chance haben, eine ausreichende Menge an Impfstoffen zu bekommen. Brasilien, wo die Fälle ebenfalls hoch sind, wird im September 20.000 Dosen und im Oktober 30.000 Dosen erhalten. In Afrika sind die Zahlen bisher noch sehr gering, aber der Kontinent steht wie bei der Verteilung von Covid-19 Impfstoffen ebenfalls schlecht da. Daher bleibt abzuwarten, ob es diesmal doch noch gelingen wird, eine faire Lösung für alle Länder zu finden.
Ausblick Stigmata
Wichtig ist, dass man aus den Fehlern lernt, welche unter anderem damals bei den Anfängen der HIV -Epidemie gemacht wurden. Damals wurde zu Beginn oft der Begriff gay disease verwendet und so bestimmte Gruppen stigmatisiert. Es wird sich zeigen, wie schnell die Weltgesundheitsorganisation für die Affenpocken einen neuen Namen findet.
Affenpocken sind keine Krankheit, welche ausschließlich in der LGBTQ+ Community vorkommt, sondern durch engen Körperkontakt übertragen wird. Gregg Gonsalves, ein Professor an der Yale School of Public Health sagte kürzlich in einem Interview, “Wenn Sie möchten, dass Menschen Affenpockenfälle melden, dann müssen Sie sich vor Repressalien sicher fühlen“ [7].
Mehr dazu:
https://www.thinkglobalhealth.org/article/monkeypox-timeline
https://www.thinkglobalhealth.org/article/monkeypox-india-facing-worlds-latest-health-threat
https://www.thinkglobalhealth.org/article/monkeypox-nigeria
https://www.nature.com/articles/d41586-022-02054-7
https://www.monkeypoxmeter.com
Quellen:
1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2491159/pdf/bullwho00069-0046.pdf)
Bildquelle: IMAGO/Bihlmayerfotografie