Die Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit

Am 07.10.2020 hat das Bundesministerium für Gesundheit die mit großer Spannung erwartete ‘Strategie der Bundesregierung zu globalen Gesundheit’ veröffentlicht. Knapp ein Jahr nachdem sie ursprünglich raus kommen sollte, doch nun ist sie endlich da!

Der Veröffentlichung der Strategie ging ein langer Konsultationsprozess voraus, bei dem die verschiedene Akteursgruppen Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Jugend jeweils um ihren Input gebeten wurden. Auch wir als Teil der bvmd (bzw. unsere Vorgängerinnen-Generation) haben damals Input zum Positionspapier der Jugend gegeben, welches ihr auf unserer Website nochmal nachlesen könnt. 

Wir stellen nun mit großer Freude fest, dass es einige unserer aufgeführten Punkte tatsächlich in die Strategie geschafft haben. Ganz besonder gefreut hat uns folgender Satz: 

“Deutschland wird ein Jugenddelegiertenprogramm bei der WHO auflegen und die deutsche Delegation zur Weltgesundheitsversammlung künftig durch Aufnahme eines Nachwuchsvertreters verstärken”

aus ‘Die Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit’

Die neue Strategie zur globalen Gesundheit der Bundesregierung spiegelt viele Ansätze der Strategie von 2015 wieder, wurde aber um einige, bisher unterrepräsentierte, Punkte ergänzt. In den 5 Prioritäten nimmt sich Deutschland demnach vor:

  • Gesundheit und Prävention zu fördern,
  • sich für eine Minderung der gesundheit­lichen Folgen des Klimawandels einzusetzen,
  • Gesundheitssysteme zu stärken und eine all­gemeine Gesundheitsversorgung mit einem diskriminierungsfreien Zugang für alle ermöglichen,
  • sich langfristig und umfassend für den Schutz der Gesundheit, einschließlich des Schutzes vor Epidemien und Pandemien, einzusetzen und sein Engagement in der humanitären Gesundheitshilfe fortsetzen
  • Forschung und Innovation für globale Gesundheit voranzutreiben.
Multilateralismus

Die Strategie spricht sich stark für mehr Multilateralismus aus und lässt der WHO hier die zentrale Rolle zukommen. Besonders in dieser Zeit, in der durch die COVID19 Pandemie vermehrt Zweifel an der Legitimität der WHO in der Allgemeinbevölkerung und in Staaten laut werden, finden wir es schön zu lesen, dass sich die Bundesregierung hinter die WHO stellt.  Hervorzuheben ist hier vor allem der Unterpunkt zur substantiellen Erhöhung der zweckgebundenen WHO-Beiträge.. 

Governance

In der Strategie erwähnt die Bundesregierung auch Ambitionen sich im Bereich Global Health Governance mehr einzubringen. Das ist sicherlich ein großer und wichtiger Schritt, doch sehen wir als Nachwuchs viele Voraussetzungen hierfür noch nicht gegeben. Für eine qualitativ gut anerkannte Ausbildung im Bereich Global Health, was sehrwohl eine Voraussetzung für eine Karriere in diesem Gebiet ist, gehen die viele junge Leute heute immer noch nach England, Spanien oder die USA. Das sind oft kostspielige Ausbildungswege und auch nur einer begrenzten Auswahl an Studierenden vorbehalten. Ein Grund wieso wir von GandHI “Lehre zu globaler Gesundheit” ganz weit oben auf unserer Agenda haben. Wir finden, die Bundesregierung konzentriert sich sehr auf den politischen Handlungsrahmen, lässt aber das Potential der Hochschulen außen vor da sie sich nicht zur Stärkung der Lehre zu globaler Gesundheit äußert.
Jedoch möchten wir das Bestreben der Bundesregierung Forschung und Innovation zu globaler Gesundheit voranzutreiben positiv hervorheben und dabei vor allem den Blick auf vulnerable Gruppen richten. Auch der “Health in all Policies”-Ansatz wird ausdrücklich erwähnt.

Universal Helth Coverage

Digitalisierung und Universal Health Coverage finden ebenfalls Einzug in die Strategie. Es wird anerkannt, dass sich eine weltweit flächendeckende medizinische Grundversorgung positiv auf internationale wirtschaftliche wie soziale Aspekte auswirkt.

Die Wichtigkeit eines fairen Zugangs zu Arzneimittel wird betont, Aussagen zu einer notwendigen Transparenz bezüglich deren Verteilung/Finanzierung wird aber außen vor gelassen. Ein Punkt der leider völlig fehlt, ist das Thema von Migration und Gesundheit. Ein Punkt der in Zeiten, wenn nachwievor knapp 80 Millionen Menschen auf der Flucht sind, nicht vernachlässigt werden sollte.

Zusammenfassung

Generell konzentriert sich die Strategie an vielen Stellen auf mögliches Wirken außerhalb von Deutschland und scheint dabei Kernpunkte der globalen Gesundheit vor der eigenen Haustür der öfteren zu vergessen.

Zusammenfassend freuen wir uns sehr über den Inhalt der Strategie sowie über die Bemühungen verschiedene Interessensgruppen in deren Gestaltung mit einzubeziehen. Kritikpunkte sind daher nicht als Bemängelungen zu verstehen, sondern darauf zurückzuführen, dass sich das Feld der globalen Gesundheit enorm groß ist und sich schnell verändert und daher eine stetige Anpassung verlangt. Wir blicken daher optimistisch in die Zukunft, möchten aber daran erinnern, dass sich der Wert einer Strategie wohl immer an den darauffolgenden Taten messen wird.