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PD DR. MED. WALTER BRUCHHAUSEN

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte, Anthropologie und Ethik der Medizin der Universität Köln, Dozent im Global Health Master der Universität Bonn

Auslandsaufenthalte: Senegal, Ruanda, Kongo, Tansania, Indonesien.

BVMD: Können Sie uns mehr über Ihre Arbeit erzählen?

PD Dr. Bruchhausen: Hauptberuflich bin ich aktuell wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität Köln, wo ich vereinzelt auch Global Health unterrichte. Ich unterrichte ebenfalls in Bonn im Rahmen eines Wahlpflichtfaches Global Health, das ich 2011 aufgebaut habe, und im neuen Masterstudiengang Global Health der Universität Bonn. 

Neben meiner lehrenden Tätigkeit bin ich in vielen weiteren Bereichen aktiv. So arbeite ich intensiv in einer AG zum Recht auf Gesundheit bei Justitia et Pax zur Unterstützung afrikanischer Partner, nehme am runden Tisch „Gesundheit“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als Austausch zwischen Regierung und Zivilgesellschaft teil und leite mit einem Hamburger Kollegen den Arbeitskreis für medizinische Entwicklungshilfe (AKME), der Wissenschaft und Hilfsorganisationen zusammenbringt. 

Weiterhin nehme ich an der Auswahl und Betreuung von außereuropäischen StipendiatInnen für Gesundheitsberufe beim KAAD (Katholischer akademischer Ausländerdienst) teil und bin ein Mentor des BVMD Projektes GandHi (Globalisation and Health Initiative). 

Ich bin also viel damit beschäftigt an Sitzungen und Tagungen teilzunehmen, zu lehren, aber auch in der Forschung Artikel zu lesen und verfassen. 

 

BVMD: Sie haben parallel zu Ihrer medizinischen Ausbildung ein Diplom-Studium in Theologie abgeschlossen. Wie kam es dazu? Hat es Ihr Engagement und berufliche Ausrichtung beeinflusst?

PD Dr. Bruchhausen: Da stand sicher auch noch der alte Gedanke von Missionsärzten und dem großen Vorbild Albert Schweitzers im Hintergrund. Aber die Theologie mit ihrer großen Breite an Methoden und Ansätzen, insbesondere ethischen, historischen, sozial- und kulturwissenschaftlichen, hat mir als Gegengewicht zum stark naturwissenschaftlichen Medizinstudium ebenso geholfen, meine Rolle als europäischer christlicher Arzt in einer kulturell, sozial und religiös vielfältigen Welt zu klären. So hat sie meine jugendliche Begeisterung für Engagement in medizinisch unterversorgten Gebieten weiterentwickelt und zugleich eine wissenschaftliche Grundlage für meine heutige Tätigkeit an der Uni gelegt.

 

BVMD: Was gefällt Ihnen am meisten und am wenigsten an Ihrer Arbeit? 

PD Dr. Bruchhausen: Der häufige und rege Kontakt zu jungen, motivierten und aufgeschlossenen Studierenden macht mir sehr viel Spaß.  Was mir weniger gefällt sind die Widerstände ideologischer oder administrativer Art, mit denen man konfrontiert wird. Meiner Meinung nach liegt zum Beispiel der Fokus viel zu stark auf kurativer anstatt präventiver Medizin und auf dem Erwerb neuer Kenntnisse anstatt bereits vorhandenes Wissens für alle Menschen zugänglich und nützlich zu machen.

 

BVMD: Wann hatten Sie zum ersten Mal Kontakt mit humanitärer Hilfe?

PD Dr. Bruchhausen: Einen ersten Auslandsaufenthalt absolvierte ich im Rahmen einer Famulatur in 1987 in Tansania. Dann fing ich 1995 an für den Malteser Hilfsdienst zu arbeiten und absolvierte Einsätze in Ruanda und der demokratischen Republik Kongo.  Ich war dort jeweils chirurgisch und gleichzeitig als Projektleiter tätig. Es war eine der schönsten und intensivsten beruflichen Erfahrungen, die ich je hatte. Die Arbeitslast war sehr hoch, wir haben damals bis zu 7 Tagen die Woche gearbeitet und ich war manche Woche jede Nacht in Rufbereitschaft, aber man hat extrem viel gelernt.

 

BVMD: Haben Sie sich nicht überfordert gefühlt? Wurden sie auf den Einsatz vorbereitet?

PD Dr. Bruchhausen: Besonders anfangs war ich sicher überfordert. Vor meinem ersten Einsatz 1995 hatte ich erst drei Jahre Berufserfahrung in der Chirurgie und musste von einem Tag auf den anderen ein chirurgisches Team leiten. Ich musste lernen zu improvisieren und selbstständig zu arbeiten. Hinzu kamen Herausforderungen ganz anderer Art, da man auch Personalverantwortlicher war. Konflikte innerhalb des Teams oder Anspannungen im sozialen Umfeld zu lösen, die Sicherheit des Teams zu gewährleisten gehörten zu den alltäglichen Aufgaben. 

Der Malteser Auslandsdienst bot uns Kurse an, die einen auf die Kultur, Sicherheit im Land und auch fachlich instruierten. Die waren sehr empfehlenswert, aber natürlich kann kein Kurs einen auf die Realität vor Ort vorbereiten. 

 

BVMD: Wie schaffen Sie es Ihre klinische Tätigkeit mit Ihrem Engagement zu vereinbaren?   

PD Dr. Bruchhausen: Ich musste leider die klinische Tätigkeit aufgeben. Nach meinem Abschluss arbeitete ich drei Jahre als Assistenzarzt in Deutschland, anschließend zwei Jahre für den Malteser Auslandsdienst in Rwanda und Ost-Kongo. Als ich zurückkam, arbeitete ich in der Vorbereitungszeit auf eine volle Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Medizinhistorischen Institut in Bonn in Teilzeit hausärztlich, bis ich die klinische Tätigkeit ganz aufgab. Ich habe somit nie einen Facharzttitel erlangt. 

 

BVMD: Vermissen Sie die klinische Tätigkeit?

PD Dr. Bruchhausen: Sicher, aber unter dem aktuellen deutschen Gesundheitssystem, wäre es mir unmöglich gewesen meinen Ansprüchen auf eine qualitativ gute und empathische Medizin gerecht zu werden. 

 

BVMD: Welche Herausforderungen mussten Sie sich in Ihrem beruflichen oder persönlichen Leben stellen? 

PD Dr. Bruchhausen: Die größte Herausforderung war nach meiner Rückkehr mein Engagement für Gesundheit in Afrika in Deutschland fortzusetzen. Es war schwierig Kollegen für das Thema zu gewinnen und an den Universitäten zu verbreiten.  

 

BVMD: Wenn Sie auf Ihren bisherigen Karriereweg zurückblicken, gibt es etwas was Sie anders gemacht hätten?

PD Dr. Bruchhausen: Ich hätte weniger Zeit und Arbeit im Bereich Geschichte und Ethik der Medizin verbracht. Mein Interesse war vor allem auf Entwicklungsländer fokussiert, während Geschichte und Ethik der Medizin in Deutschland sehr Europa-zentriert sind. Ich stieß im Rahmen meiner Arbeit in der Medizingeschichte nur auf wenige Menschen, die meine Leidenschaft und Interesse teilten. 

 

BVMD: Wenn man Ihnen ein bezahltes freies Jahr schenken würde, was würden Sie tun?

PD Dr. Bruchhausen: Ich würde wieder nach Ostafrika reisen um im Gesundheitswesen mitzuwirken. Ich könnte mir vorstellen ein innovatives Projekt zu starten, wo Wissenschaft an konkreten Fragestellungen oder Bedürfnissen orientiert ist. 

 

BVMD: Welche Ratschläge haben Sie an MedizinstudentInnen, die sich in diesem Bereich engagieren möchten?

PD Dr. Bruchhausen: Ich glaube man sollte einfach anfangen zu arbeiten ohne viel zu planen, und zwar in dem, was einen wirklich interessiert. Wenn man wirklich leidenschaftlich bei der Sache ist, ergibt sich für jeden einen Weg. 

 

BVMD: Betreuen Sie auch Doktorarbeiten? Wenn ja auf welchem Gebiet?

PD Dr. Bruchhausen: Besonders intensiv ist natürlich die Betreuung von mehrjährig Vollzeit-Promovierenden, die es in der Medizin kaum gibt, aber z.B. in Public Health. Bei sehr engagierten Medizinstudierenden, die unbedingt im Bereich Global Health arbeiten möchten, suchen wir dann gemeinsam nach Themen, die sie gut bearbeiten können, z.B. durch Archivrecherchen, Umfragen oder Feldforschung vor Ort. Aber das ist sicher nichts für diejenigen, die nur einfach etwas anderes als experimentelle oder klinische Arbeiten machen wollen.


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Bruchhausen, Lebenslauf

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